11. Februar 2021

Vier Ostseebäder und eine Vision

Mit der Übernahme der ehemaligen Tourismuszentrale Rügen (TZR) und der Umwandlung dieser in die Infrastrukturgesellschaft Mönchgut-Granitz (IMG) haben sich die Ostseebäder Baabe, Göhren, Mönchgut und Sellin als einer der wichtigsten Treiber des Tourismus‘ auf Rügen mit knapp einem Drittel aller inselweit produzierten Übernachtungen offiziell einer gemeinsamen Sache verschrieben: die touristische Arbeit im Südosten Rügens auf neue und innovative Wege zu bringen. Seit dem Beginn dieser Arbeit im September 2020 ist nun innerhalb kürzester Zeit ein Deutschlandweit einzigartiges Projekt entstanden.

Der erste kurabgabefinanzierte Schiffsverkehr Deutschlands wird mit dem Ende des Lockdowns und dem Restart des Tourismus‘ an den Start gehen und neue Maßstäbe in Sachen Mobilitätsinnovation setzen. Gemeinsam mit der Weißen Flotte GmbH wurde ein Fahrplan erarbeitet, der einen regelmäßigen Schiffs- und Pendelverkehr zwischen den Orten Sellin, Baabe, Gager, Thiessow und Lauterbach ermöglicht. Insgesamt werden zwei Schiffe und eine solarbetriebene Fähre die Kurkarteninhaber der vier Ostseebäder sowie der Stadt Putbus kostenlos auf dem Seeweg befördern.

Der Bedarf an neuen Mobilitätsangeboten ist enorm, betrachtet man die Verkehrsbelastung während der Saison auf dem Nadelöhr Mönchgut – kilometerlange Staus in beide Richtungen, vor allem an Schlechtwetter- und Markttagen. Obwohl bereits viele Gäste das Fahrrad, die Rügener Bäderbahn oder das kostenlose Bus-Frei-Angebot nutzen, verzichtet ein Großteil der Touristen jedoch nicht auf das eigene Auto. Für die verantwortlichen Tourismuschefs und Bürgermeister war das gemeinsame Ziel schnell formuliert: die Touristen für alternative Mobilitätskonzepte begeistern. Regelmäßigen Schiffsverkehr gibt es bereits von Sellin und Baabe – ihn jedoch kurkartenfinanziert in die Infrastruktur einzubinden ist eine Innovation und bisher in keiner anderen deutschen Destination gelungen.

In diesem Verbund sollen nun ganze Mobilitätsketten entstehen, die es den Touristen erlaubt, sich schnell und attraktiv ohne das eigene Auto fortzubewegen. So werden die Fahrpläne der Weißen Flotte mit denen der Ortsbusse und Bäderbahnen in Göhren, Baabe und Sellin abgestimmt, sowie mit den Abfahrtszeiten der Rügener Bäderbahn und den Buslinien der VVR. Das Bus-Frei-Angebot wird im Rahmen der IMG außerdem auf den gesamten Amtsbereich Mönchgut-Granitz ausgeweitet, sodass die Kurkarteninhaber der vier Ostseebäder fortan kostenlos bis Dalkvitz fahren können. Weiterhin sollen vermehrt E-Bikes zum kontaktlosen Ausleihen per App direkt an den Häfen angeboten werden.

Mit der Gründung der Infrastrukturgesellschaft Mönchgut-Granitz mbH und der Bündelung von finanziellen und personellen Ressourcen der Kurverwaltungen Baabe, Göhren, Mönchgut und Sellin war der Grundstein für die Idee des kurkartenfinanzierten Schiffsverkehrs gelegt. Die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit hinsichtlich Infrastruktur und Tourismus ist nicht nur im Hinblick auf die Realisierung gemeinsamer Großprojekte sinnvoll, sondern war vor allem hinsichtlich der Vereinbarkeit von steigenden Gästezahlen und nachhaltiger Tourismus- und Ortsentwicklung längst überfällig. Mit zunehmendem Wettbewerb im Deutschlandtourismus wachsen die Ansprüche der Reisenden an die Destination: der Wunsch nach Multioptionalität und uneingeschränkter Mobilität am Urlaubsort wird zum zentralen Bedürfnis – Gemeindegrenzen sind dabei nicht existent. Durch die Kooperation der vier Ostseebäder werden diese Grenzen verwischt und dem Gast wird ein vollumfängliches Reiseerlebnis ermöglicht.

Die Bündelung von Ressourcen steht auch bei der kulturellen Arbeit im Fokus. Mit der Gründung einer Museumsgesellschaft werden fortan die Institutionen Seefahrerhaus (Sellin), Heimatmuseum und Rookhus (Göhren) sowie das Schulmuseum und Hallenhaus (Middelhagen) gemeinschaftlich geführt und entwickelt. Mit der Bestellung eines neuen geschäftsführenden Museumsleiters soll die thematische und inhaltliche Entwicklung der einzelnen Museen unter dem gemeinsamen Dach der Gesellschaft professionell gesteuert und fit für die Zukunft gemacht werden.

Weitere wichtige Projekte sind außerdem eine gemeinsame Einwohnerkarte mit speziellen Vorteilen für die Einheimischen, eine einheitliche Kurabgabe, gemeinsame Veranstaltungsreihen sowie themenbezogene Projekte zu Mobilität, Digitalisierung und Infrastruktur. Die IMG soll in Zukunft wichtige Impulse in kommunaler und tourismuswirtschaftlicher Zusammenarbeit setzen und für den Tourismus auf der Insel Rügen richtungsweisend sein. Das Überwinden von Grenzen ist für alle beteiligten Ostseebäder eine historische Chance, gemeinsam neue Möglichkeiten zu erschließen und als gleichberechtigte Partner gemeinsame Ziele zu erreichen.